Von malerischen Städten, schroffen Klippen und weißen Sandstränden

Nach längerer Pause hat der KSC für interessierte Segler aus unserem Verein wieder einen längeren Hochseetörn organisiert. Diejenigen, die im Ärmelkanal dabei waren, sind begeistert.

Auf geht’s auf große Fahrt. Für vier Jeanneau-Segelboote zwischen 41 und 45 Fuß, acht Seglerinnen und 15 Segler vom KSC hieß es Ende Juni: Leinen los! Das Revier: der Ärmelkanal. Genauer gesagt von der Nordbretagne in Frankreich, zu den Scilly Islands, gut 20 Seemeilen vor der südwestlichsten Spitze Englands gelegen, über Cornwall, Devon, Guernsey schließlich zurück zum Ausgangshafen Port des Sablons in Saint-Malo.
Am Ende des Törns zeigte die Logge 502 Seemeilen.

Arndt Funke, Fahrtensegelwart des KSC und Hauptorganisator des Törns, hatte viel Zeit in die gründliche Vorbereitung und Planung, die Erledigung der nach dem Austritt Englands aus der EU notwendigen Zollformalitäten und den Transfer im geräumigen Reisebus von Kaarst nach Saint-Malo und zurück gesteckt. Er zieht ein rundum positives Fazit: „Es waren 12 tolle Tage auf See bei zumeist herrlichem Segelwetter, guter Stimmung bei den einzelnen Crews und der Gruppe insgesamt. Natürlich waren die meisten Etappen schon sehr lang. Aber soweit ich weiß, hat für die meisten das Verhältnis von acht Bord- und vier Landtagen gepasst.“

Wilde und ursprüngliche Landschaften

Ob von Bord oder an Land: Die Bretagne, die beiden südenglischen Grafschaften Cornwall und Devon sind als Urlaubsziele beliebt und berühmt – nicht nur wegen der vielen historischen Gebäude und anderen Sehenswürdigkeiten, sondern vor allem wegen ihrer wilden und ursprünglichen Landschaften. Hier wie da schroffe, vom Ufer steil emporragende Granitklippen, im Laufe der Jahre von Wind und Wellen glattgeschliffen. Aber auch versteckte Buchten mit türkisfarbenem Wasser und – man traut seinen Augen kaum, mit weiten, fast weißen Sandstränden wie auf Tresco, eine der fünf bewohnten, insgesamt rund 200 Inseln der Scilly Islands. Hier kann man herrlich ausspannen.

Zwei Tage zuvor, bei der Überfahrt von Roscoff in der Nordbretagne zu den Scillys, waren die meisten wahrscheinlich weniger entspannt. Einige hatten gar ein mulmiges Gefühl im Magen, welches aber mit entsprechenden Mitteln aus der Bordapotheke erfolgreich bekämpft werden konnte. Für die zurückzulegende Distanz von rund 115 Seemeilen hat die Flottille bei guten Bedingungen etwa 22 Stunden gebraucht, eine anstrengende Nachtfahrt mit wechselnden Wachen inklusive. Ausreichend Schlaf findet man jedoch bei entsprechender Welle in den Ruhepausen leider nicht.

Unheimliche Begegnungen

Denn auf dem Ärmelkanal, eine der meistbefahrenen Wasserstraßen der Welt, ist immer was los. Selbstverständlich verfügten alle vier Boote über das automatische Identifikationssystem AIS, um mit anderen Schiffen Navigations- und andere Schiffsdaten auszutauschen und damit gefährlichen Begegnungen frühzeitig aus dem Weg zu gehen. Gleichwohl wird es manchmal doch eng. Die Vorbeifahrt eines 300 Meter langen Containerschiffs im Morgengrauen hat unserer Crew gehörig Respekt eingeflößt. Dabei war das riesige Schiff noch fast eine Seemeile entfernt. Trotzdem, ein wenig unheimlich war es schon.

Der Ärmelkanal zählt noch aus einem anderen Grund zu den eher schwierigen Segelrevieren: Es gibt einen starken Tidenhub und starke Tidenströme. Mancherorts beträgt der Pegelunterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser zur Nippzeit mehr als neun Meter. Wegen der starken Strömung kann es passieren, dass das Boot nach einer Wende quasi denselben Weg wieder zurücksegelt, bis eine in Tidengewässern noch recht unerfahrene Besatzung schließlich doch den Motor anschmeißt.

Viel dazugelernt

In solchen Momenten sieht Tom Hanna, einer von vier Skippern und Vorsitzender des KSC, ein wichtiges Ziel erreicht: „Die anerkannte Stärke des KSC ist die gute Ausbildung, die wir im Verein vermitteln. Mit dem diesjährigen Bretagne-Törn wollten wir den am Hochseesegeln interessierten Mitgliedern die Möglichkeit bieten, Erfahrungen in einem anspruchsvollen Revier zu sammeln und die eigenen seglerischen Fähigkeiten weiter zu verbessern. “Wer weiß, vielleicht traut sich die eine oder der andere Mitsegelnde mit entsprechender Qualifikation und den notwendigen Scheinen jetzt zu, bei einem KSC-Törn selbst den Skipper oder den Co zu machen.”

Aber auch das Sightseeing kommt nicht zu kurz. Bretagne und Südengland sind geschichtsträchtige Regionen, die bis heute von einer nicht gerade friedlichen Vergangenheit zeugen. Von Piraten, Plünderungen, Eroberungen und Kriegen. Und von den mitunter kurios anmutenden Gegenmaßnahmen der Menschen, sich wirkungsvoll vor Eindringlingen zu schützen. Vor der Hafeneinfahrt von Dartmouth in der südenglischen Grafschaft Devon etwa konnte ab dem Ende des 15. Jahrhundert bei Gefahr eine viele Tonnen schwere Kette von der einen zur anderen Uferseite gespannt werden. Die vielen Segler, die den beliebten Hafen heutzutage anlaufen, haben indes nichts zu befürchten. Außer, dass sie trotz Anmeldung den vorab reservierten Liegeplatz nicht mehr bekommen.

Ein besonderer Duft liegt in der Luft

Und immer wieder diese imposanten Leuchttürme, trutzigen Festungen und malerischen Gärten. Bei jedem Landgang gibt es viel zu besichtigen. In der Luft liegt dabei häufig ein besonderer Duft. Mal lieblich-süß, dann würzig-herb. Wegen des vom Golfstrom beeinflussten, auch im Winter zumeist milden Klimas gedeiht an vielen Orten am Ärmelkanal eine fast schon mediterrane Vegetation.

Einfach umwerfend waren die vielen Delphine, die den vier Crews unterwegs begegnet sind. Sie haben die Boote oft minutenlang begleitet, sind immer wieder unter dem Schiff durch getaucht und haben mit der Bugwelle gespielt. Die berührenden Begegnungen mit den Meeressäugern zählen für die meisten Mitsegelnden zu den besonderen Momenten dieses Törns.

In einem anderen Sinn besonders waren die Liegeplätze. In den Häfen am Ärmelkanal gibt es, anders als am IJsselmeer oder an Nord- und Ostsee, häufig keinen festen Steg und auch damit keinen direkten Zugang zum Land. Vielmehr werden die Segelyachten weiter draußen an Schwimmpontons oder Muringbojen festgemacht. Ohne Dingi mit Außenborder geht da nichts. Allerdings wird die Besatzung bei Wind und Welle bei der Überfahrt zum Restaurant oder zu den sanitären Einrichtungen regelmäßig nass. Bei den An- und Ablegemanövern mit den kippeligen Schlauchbooten ist zudem besondere Vorsicht geboten.

Auf ins nächste Abenteuer!

Auch wenn dabei so manches Malheur passiert ist, am Ende konnten selbst die Betroffenen darüber lachen. „Es war ein rundum gelungener Törn“, freut sich Tom Hanna. „Mein besonderer Dank gilt neben Arndt insbesondere den beiden weiteren Skippern Thilo Funke und Michael Franssen. Denn alle Crews sind sicher und wohlbehalten wieder nach Saint-Malo zurückgekehrt.”

Für mich jedenfalls steht fest: Ich bin von der Segeltour durch den Ärmelkanal begeistert und hoffe, beim nächsten Abenteuer des KSC wieder dabei zu sein.

Markus Hennes