Schnuppersegeln 2024 – Ein Reisebericht von Henrike Gellermann

Schnuppersegeln 2024 – Törn Teil 2 – 09.-12.05.2024 – 62,5 Seemeilen

Im Mai fand nach einer langen Corona-Pause endlich wieder das Schnuppersegeln auf dem Ijsselmeer statt. Der Törn wurde in zwei Teilen angeboten. Unsere Crew ging in der zweiten Runde an den Start.

 

Mittwoch, 08. Mai – Anreise nach Workum – 0 Seemeilen

Ein typischer Anreisetag. Ganz NRW fährt übers lange Wochenende zum Kurzurlaub in die Niederlande. Darunter wir Schnuppersegler, bereit fürs große Abenteuer. Nach und nach trudeln alle Crewmitglieder in Workum ein, suchen und finden ihr Boot. Unser zu Hause für die nächsten Tage: eine 37er Bavaria namens Prima Donna. In Workum startet mit uns eine zweite Crew des KSC. Die dritte Crew segelt auf der vereinseigenen Naviga und startet in Makkum. Wer sich nun zum ersten Mal auf einem Dickschiff befindet, ist sicherlich überrascht. In dieser kleinen Koje sollen zwei Leute schlafen? Wie funktioniert das eigentlich mit den Toiletten? Wo sollen wir denn das ganze Gepäck verstauen? Wir finden uns zurecht, sitzen gemütlich zusammen, lernen uns kennen und stellen fest, dass wir ein sympathischer, bunt gemischter Haufen sind.

Donnerstag, 09. Mai – Von Workum nach Medemblik – 15,6 Seemeilen

Am nächsten Morgen begrüßt uns die Sonne. Unser Skipper gibt uns eine ausführliche Sicherheitseinweisung, erklärt uns die wesentlichen Bestandteile der Segelyacht und bereitet uns auf Manöver wie Ablegen, Anlegen und Mann-Über-Bord vor. Jetzt geht’s los! Wir verlassen den Hafen von Workum und treffen auf… nicht viel. Stille. Kaum Wind. Wer hier ständig mit seinem Boot rausfährt, würde sich gar nicht erst die Mühe machen die Segel rauszuholen. Jedoch sind wir zum Üben hier. Wir setzen die Segel und machen Fahrt durchs Wasser. Unseren Skipper packt der Ehrgeiz. Nun gilt es das Boot vor uns zu überholen. Das klingt spannender als es ist, da es sich in diesem Fall eher um ein Schildkröten-Rennen handelt. Wir sind so langsam, dass sich unterwegs hunderte von blinden Passagieren an Bord schleichen und uns bis nach Medemblik begleiten: lästige Ijsselmeer-Fliegen. Unsere weiße Bavaria ist nun eher schwarz-weiß. Nach einer Weile geben wir auf und bergen die Segel. Nach dem eher ruhigen Tag auf See erwartet uns ein geselliger Abend mit holländischer Schlagermusik, da in Medemblik ein Festival stattfindet. Bei dem schönen Wetter genießen wir unser Abendessen an Deck. In Medemblik treffen wir auch auf die Crew der Naviga und zwei weitere Boote  mit KSC-Kollegen, die sich uns für die nächsten Tage anschließen. Der Abend wird feuchtfröhlich. Wie viele Leute passen wohl auf ein Boot, ohne dass Wasser einläuft? Wir bleiben trocken, aber das Gewicht ist deutlich sichtbar hecklastig verteilt.

Freitag, 10. Mai – Von Medemblik nach Enkhuizen – 9 Seemeilen

Ein wenig müde vom Abend zuvor verlassen wir den Hafen von Medemblik mit Kurs auf Enkhuizen. Wir gehen davon aus, dass wir nur unter Motor fahren. Denn Wind steht wie schon am Vortag nicht auf dem Menü. Um uns herum sehen wir aber doch einige gesetzte Segel. Das spornt uns an – schließlich sind wir zum Segeln hier. Zwischendurch erreichen wir sogar 5 Knoten Fahrt. Wir Segelfrischlinge sind ganz aufgeregt von diesem neuen Rekord! Wir sind beeindruckt von den großen, nostalgischen Plattbodenschiffen, die um uns herum Richtung Enkhuizen fahren. Als wir hinter einer Landzunge den Kurs ändern, haben wir kaum noch Wind. Wir versuchen mit dem Schmetterling noch das letzte bisschen rauszuholen und drücken mit dem Bootshaken die Fock so weit nach außen, wie es geht. Doch den Rest der Strecke legen wir unter Motor zurück. Wir kommen früh in Enkhuizen an und nutzen den Nachmittag, um die Stadt zu erkunden und Leckereien wie Fischbrötchen und Softeis zu genießen. Heute gehen alle früh schlafen. Das hat zumindest unser Skipper im Gefühl. Aber auch ein erfahrener Skipper kann sich täuschen…

Samstag, 11.05. – Von Enkhuizen nach Urk – 13,1 Seemeilen

Morgens weht im Gegensatz zu den letzten Tagen endlich Wind. Im Fachjargon spricht man bei 3-4 Bft lediglich von einer schwachen bis mäßigen Brise. Uns Schnuppersegler macht das aber schon ein bisschen nervös. Werden wir jetzt seekrank? Wir haben zum Glück keine Zeit darüber nachzudenken, denn das Wetter ist ideal zum Segeln und es lohnt sich heute Manöver wie z.B. Mann-Über-Bord zu üben. Der Hafen in Urk ist ziemlich voll. Daher legen wir im 3er-Päckchen am Kai an. Von der Naviga mussten wir uns bereits verabschieden. Die Crew ist heute bis nach Hindeloopen gesegelt, da sonst die Route am Sonntag zurück nach Makkum zu weit wäre.  Nachmittags erkunden wir Urk und haben oben vom Leuchtturm einen tollen Ausblick über den Ort und das Ijsselmeer. Um 21:22 Uhr bestaunen wir den Sonnenuntergang. Wie für uns bestellt, folgt kurz darauf ein Feuerwerk im Ort. Was für ein schöner letzter Abend!

Sonntag, 12.05. – Von Urk nach Workum – 24,8 Seemeilen

Das Ablege-Manöver hat es heute in sich. Der Wind drückt uns gegen den Steg und unser 3er Päckchen ist an Bug und Heck von weiteren Päckchen umgeben. Alle helfen mit. Unsere Skipper manövrieren souverän und wir verlassen Urk unversehrt. Uns erwartet ein richtig schöner letzter Segeltag mit viel Wind und Sonne. Bei so viel Wind erreichen wir Spitzengeschwindigkeiten. Jedes Mal feuern wir uns gegenseitig an, wenn wir einen neuen Rekord erreichen. 6 Knoten! 7 Knoten! 8 Knoten!!! Plötzlich sind die Krängung und der Druck auf die Segel so stark, dass wir einen Sonnenschuss erleben dürfen. Für uns Dickschiff-Neulinge ist das sehr aufregend. Da fühlen sich sogar die kleinen Gummibärchen hinterm Steuerrad wie ganz große Seebären. Schneller als erwartet erreichen wir Workum. Wir tanken, legen in der Box an, trinken ein letztes Anlegerbier und packen unsere Koffer. Fazit: Unser Skipper hat schon viele Törns mitgemacht, aber das Wetter hier wirklich der Knaller, findet er. Eine herrliche Segelwoche. Auch wir Schnuppersegler sind begeistert und können den nächsten Törn kaum erwarten.